Mittwoch, 3. März 2010
Camera obscura
Ich lerne gerade das Fotografieren. Da ich davon etwa soviel Ahnung habe wie vom Paarungsverhalten der Kolibris und der Offside-Regel, werdet ihr verstehen, dass ich mir was Grosses vorgenommen habe. Klar hab ich schon das eine oder andere Foto geknipst, es waren sogar ein paar gute drunter. Warum konnte ich mir aber nie erklären. Nun, da ich endlich über eine gute Kamera verfüge, halte ich es für angebracht, auch den Umgang damit zu lernen. Schliesslich kauft man sich auch nicht Louboutins und trägt sie dann nicht mal zu Hause, weil man nicht damit gehen kann.
Letztes Wochenende fragte ich meinen Papa um Rat.
Begeistert holte er zu einem längeren Vortrag aus und warf mit Ausdrücken wie "ISO", "Blende" oder "Tiefenschärfe" nur so um sich. Als ich nachdenklich nickte und zustimmende Laute von mir gab, brach er ab. "Ich sehe schon, wir müssen ganz von vorn beginnen", sagte er. Und das meinte er wörtlich. Von vorne hiess: Anfang 20. Jahrhundert. Anscheinend war schon mein Grossvater ein leidenschaftlicher Amateurfotograf gewesen, der für seine ausführlichen Diashows in der Verwandtschaft berühmt-berüchtigt gewesen war. Drei Stunden und zehn Kameras später war ich völlig erledigt. Ich war nass und durchfroren (vom Schneeglöckchen fokussieren) und ich hätte schwören können, dass sich um mein linkes Auge vom stundenlangen Zukneifen neue Fältchen gebildet hatten. Aber ich wusste jetzt, dass "Rauschen" nichts mit dem Meer zu tun hatte und ein "Objektiv" nicht nur in der Grammatik wichtig ist.
Neues lernen ist schwer. Es ist anstrengend, zeitraubend und manchmal äusserst frustrierend. Ich meine, warum kann ein Knopf nicht einfach mit seiner Funktion angeschrieben sein, statt mit rätselhaften Hieroglyphen?
Aber als es mir schliesslich und endlich gelang, ein Schneeglöckchen scharf vor die Linse zu kriegen, ohne die Automatik zu benutzen, fühlte ich mich wie bei meiner ersten Velofahrt ohne Stützräder: Glücklich und unheimlich stolz.
Derzeit bin ich auf Seite 87 meiner Bedienungsanleitung. Von 389.
Drückt mir dir Daumen!
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