Montag, 26. April 2010

Blickfang





Das Publikum? Ekzentrische Kunstsponsoren und Mäzen, in Basel auch Daig genannt. Der urban hippe Basler Jung-Daig oder Daig-Nachwuchs. Ultimativ Kreative und alle, die sich dafür halten. Kulturschaffende und Kulturkonsumenten. Freunde, Eltern, Grosseltern, Göttis und Gottis der Aussteller. Und wir natürlich. Bald merkend, dass wir zwar optisch gut in die Masse passten, uns aber das wichtigste Style-Accessoire fehlte: das schreiende Baby, wahlweise im trendy Stadt-Buggy oder mittels lustigbuntem Tragetuch an der mütterlichen oder auch väterlichen Brust festgezurrt.
Meinem Liebsten wurde fast schwindlig neben all den Jungvätern in Skatershirts mit Dreitagebart, besonders als einer sein Vatersein demonstrativ lässig beim Wickeln des Kindes neben kinderlosen friedlich-picknickenden Menschen (aka uns) zur Schau stellte. "Darf man das?" zischte er mir zu, während der Neu-Papa geschickt mit Windeln, Feuchttüchern und strampelnden Beinen hantierte. Ich überlegte. Nun, einerseits ist es toll, dass Väter heutzutage auch die unangenehmeren Pflichten der Kindsaufzucht übernehmen, also nicht nur das Geld heimbringen. Ja, heute machen Väter alles. Und erst noch in der Öffentlichkeit. Andererseits. Ja, andererseits wäre es mir grad in diesem Fall (ich war am Essen) auch lieber gewesen, er hätte den Wickeltisch im WC benutzt. Einen solchen hatte es nämlich. Aber sagte ich das meinem Liebsten? Nein. Obschon mich die penetranten Geruchsimmissionen fast ohnmächtig werden liessen. Ich zischte zurück: "Aber als die Mama vorher das Baby an ihren beachtlichen Stillbusen legte, das hat dich nicht gestört?"



Was wollen Leute, die ihren Nachwuchs an eine solche Veranstaltung schleifen, damit aussagen? Seht mich an, ich hab zwar jetzt Kinder, dennoch bin ich immer noch enorm hip und trendy. Ich will nicht im spiessigen Reihenhäuschen in der Agglo versauern, sondern bleibe am Puls der Zeit, ich kann, will und werde auch über anderes als nur Hipp-Babybrei und Bäuerchen reden. (Dennoch ist mir die Frühförderung meiner Kinder enorm wichtig. Schliesslich soll mal was Rechtes aus ihnen werden, nach der Kunsthochschule.)
Ganz ehrlich: Es hat etwas Verzweifeltes. Und dennoch. Sie machen es so cool und gekonnt, dass man tatsächlich versucht ist, neidisch zu sein.
Warum haben wir keins? Ich will auch mitreden, wenn es darum geht, die Vor- und Nachteile von Vitra Elefant versus Wisa Gloria Schaukelschnecke gegeneinander abzuwägen!
Bevor ich die Diskussion starten konnte, ob wir denn dann mal unsere, natürlich noch ungezeugten Kinder mit an die Blickfang nehmen wollen, fragte mein Liebster: "Was machen wir, wenn unsere mal Metzger oder Buchhalter werden wollen, weisst du, einfach weil sie rebellieren und sich so richtig gegen uns auflehnen wollen?"



Nun aber zu den Ausstellern. Es gab viel zu sehen. Schöne, wunderschöne Sachen.



Zum Beispiel die Kleidchen von goyagoya (Bild), aber auch von Elfe11. Tolle Taschen von Fiona Losinger und Zwei. Handgefertigte Möbel und Wohnsachen, etwa das süsse Sternchen-Schlummerlicht von hüttners, oder die witzigen Tassen von Johanna Hitzler.
Ich kann nur jedem, der an ästhetischen, originellen Artikeln des täglichen Gebrauchs Gefallen findet, oder einfach nur gern lustige Leute guckt, empfehlen, nächstes Jahr auch an die Blickfang zu reisen.



Und was hat mir am allerallerbesten gefallen?



OMG!!!

Das Schmuckstück ist von Anouchka Mràz von "Danse des Libellules". Aussen Loden, innen Seide. Und darin fühlt man sich wie eine Schneekönigin. (Wer nicht weiss, wie man sich als Schneekönigin fühlt, tja, der soll diesen Mantel anziehen. Ich wusste es vorher auch nicht.) Ich war drauf und dran, einfach darin davon zu rennen.

Aber gegönnt hab ich mir nur diese zwei Bröscheli, für 2.50 das Stück, von "Papierpiraten", die auch lustige Postkarten und andere Papiersachen machen:

1 Kommentar:

  1. Liebe Zidaya. Hier spricht dein schlechtes Gewissen. Kannst mich auch Über-Ich nennen. Mir egal. Zur Sache: Du hast tatsächlich erwägt, einen Mantel zu kaufen, der aus Seide, Loden und Kaninchenfell gefertigt wurde? Ja ich weiss, die Designerin hat dir versichert, es seien alles überglückliche, gesunde Schweizer Karnickel gewesen. Aber. Dennoch. Wurden. Sie. Getötet. Nur damit du einen Mantel tragen kannst? Hä? Und du nennst dich Vegetarierin zuweilen Veganerin? Pfui. Schande über dich. Dennoch, muss ich mein Kompliment aussprechen. Du sahst echt toll aus darin.

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